DIE SCHWÄNE VOM SCHLACHTHOF

2009   STAGE  /  COSTUME

Die Schwäne Vom Schlachthof was first staged at Ballhaus Naunynstrasse in Berlin 2009.

 

By Hakan Savaş Mican   

Director - Hakan Savaş Mican

„Ich träume von vier Kindern. Vielmehr von vier Schwänen. Mein Traum fängt so an: Ich bin da am Ufer und versuche die Schwäne zu füttern. Die glücklichsten Morgen dieser Welt sind eins und zeigen sich als eine Gruppe Schwäne auf dem Wasser. Sie kommen auf mich zu. Der Kopf eines Schwans verändert sich, wird dunkler und ich sehe das Gesicht eines kleinen Jungen. Fünf, sechs Jahre alt. Ich muss ihm einen Namen geben: „Du bist der schönste Morgen dieser Welt. Du bist schöner als alle anderen. Schwan! Du bist frei wie eine Wolke. Dein Name ist Jeremy.“

 

Ohne Pass und Grenzkontrolle kamen in die DDR nur die kleinen Jungen, die zwischen 1966 und 1975 in der Spree ertranken. Für Hakan Savaş Mican sind die ertrunkenen Kinder der Ausgangspunkt für das Stück über die Mauer und den Mauerfall aus postmigrantischer Perspektive. In Bruchstücken von Erinnerungen wird Geschichte erzählt: Von West-Berliner Kindern, die im Schatten der Mauer aufgewachsen sind; von der Kommunistin aus İzmir, die ins Land ihrer Träume, in die DDR floh; vom anatolischen Landarbeiter, der in Magdeburg mit Döner das große Geld machte, aber seine Unschuld verlor und von einem West-Berliner Migrantenjungen, der sich in ein Mädchen aus Marzahn verliebte. Die Schwäne vom Schlachthof ist eine Suche nach verlorenen Erinnerungen an eine vergangene Zeit, als die Grenzen und Mauern durch Berlin und zwischen den Menschen noch sichtbarer Beton waren.

Hakan Savaş Mican, Regisseur und Autor von Der Besuch, wirft in seiner zweiten Arbeit am Ballhaus Naunynstraße einen Blick auf bisher wenig beachtete Aspekte der Geschichte des geteilten Berlins. Seine Figuren bewegen sich zwischen Türkei, West- und Ost-Berlin und zwischen den Zeiten vor und nach der Mauer. Aus Interviews ist ein Stück über innere und äußere Grenzen entstanden, bei der Geschichten anprobiert werden wie Kleider, in der Unschärfe zwischen Traum und möglicher Erinnerung, zwischen Lüge und Wahrheiten.

 

Die Schwäne vom Schlachthof ist eine Suche nach verlorenen Erinnerungen an eine vergangene Zeit, als die Grenzen und Mauern durch Berlin und zwischen den Menschen noch sichtbarer Beton waren.. Eine ganze Generation von Kindern, die die Mauer nicht mehr erlebt haben, ist bereits erwachsen geworden. Erinnerungen erlöschen, auch die der Generationen, die im Schatten der Mauer zu leben hatten. Kindern wie den beiden Jungen, die 1966 und 1975 in der Spree ertranken, widmet sich Hakan Savaş Mican in »Die Schwäne vom Schlachthof« aus postmigrantischer Perspektive.

DER TAGESSPIEGEL

 

(...) was Mican, der das Stück auch selbst geschrieben hat, aus den Interviews mit vier real existierenden Personen entwickelt hat und wie er die Erinnerungen an die ertrunkenen Kinder wie surreale Träume zwischen diese Geschichten spinnt, ist spannend, traurig und verrückt – und spiegelt Deutsch-Türken ebenso wie Deutsch-Deutschen die jeweiligen Klischees entschieden zurück.

MICHAELA SCHLAGENWERTH, BERLINER ZEITUNG