STAGE / COSTUME
DER TAGESSPIEGEL
29.05.2007, 21:33 Uhr
Kultur
KURZ & KRITISCH
Von SYBILL MAHLKE
OPER
Eine Liebe,
der nicht zu trauen ist
Der Frauenmörder ist ein schöner Ritter, der verschlissenes Gewand aus alter Zeit trägt. Neben ihm
steht seine Braut Judith in blauer Nacht. „Herzog Blaubarts Burg“ ist hier ein Kammerspiel am Abgrund, auf schiefen Ebenen (Bühne und wandlungsfähige Kostüme: Lea Walloschke). Denn Bartóks Oper,
die für großes Orchester mit glitzernden Harfen und expressionistischer Reizharmonik erdacht ist, beschränkt sich im Saalbau Neukölln auf eine Klavierfassung (flexibel: Saori
Tomidokoro). Trotzdem dirigiert Kosuke Tsunoda so umfassend, als habe er den originalen Klangkörper vor sich. Das stützt auch die beiden Akteure, Martina Wäldele mit rührendem
Sopran und Hubert Wild mit noblem Bariton, die sich nicht scheuen, an die Grenzen ihrer jungen stimmlichen Entwicklung zu gehen.
Die Kooperation von HfM und UdK wird von einer Inszenierung geprägt, mit der Reyna Bruns ihr Regiediplom ablegt. Sie zeigt, wie das Seelendrama zwischen Judith, die Vater und Mutter verlassen hat, und ihrem geliebten Blaubart die Seiten wechselt. Aus der fordernden Aktivität der Frau, in die Seelenkammern des Herzogs einzudringen, wird Traurigkeit. Denn sie gewahrt darin Blut und Tränen. Diese Judith fragt wie Elsa nach „des Gatten Art“, weil sie ihn liebt, und entzieht sich, je mehr sie den tragischen Mörder entdeckt, wenn er seine Passivität aufgibt: „Küss mich, Judith!“ Sie wählt die Freiheit. Theatermittel ist der Steg in den Zuschauerraum. Kinderland, Zaubergarten mit lemurenartigen Dienerinnen, Requisiten traumhaft unterschiedlicher Dimensionen: Daraus macht die Phantasie ein Reich, dem nicht zu trauen ist. (Wieder am 1., 2., 3. Juni) Sybill Mahlke
Director - Reyna Bruns
Musical Direction - Kosuke Tsunoda, Arno Waschk
Bluebeard - Hubert Wild
Judith - Martina Wäldele